Im Rahmen des Projekts in Eberswalde wurden bislang 15 Schülerinnen und Schüler in den Fächern Deutsch oder Mathe lerntherapeutisch begleitet. Die Mädchen und Jungen aus den Klassen 3 und 4, eingeteilt in Gruppen aus zwei bis drei Kindern, erhalten wöchentlich eine Förderung à 45 Minuten. Ziel des Projekts ist es, mit lerntherapeutischen Angeboten im schulischen Kontext Lernrückständen entgegenzusteuern, psychosoziale Auswirkungen, resultierend aus wiederkehrenden Misserfolgen beim Lernen, abzuwenden sowie die Teilhabe am sozialen Leben sicherzustellen. Der Therapieort Schule ermöglichte den Lerntherapeutinnen wichtige und wertvolle Einblicke in die Lebenswelt der Kinder, die in das ganzheitliche Therapiekonzept einflossen.
Wie wurde die Förderung organisiert und welche Aspekte mussten beachtet werden?
Die Auswahl der Kinder und der Inhalte für die Förderplanung erfolgt in Kooperation zwischen der Lerntherapeutin und der Fachlehrerin. Auf der Grundlage von Lernstandsanalysen verfügt die Fachlehrerin über einen Überblick, bei welchen Schülerinnen und Schülern erhebliche Rückstände bestehen. Für die Auswahl schätzt sie zudem ein, welche Kinder voraussichtlich am meisten von der geplanten Hilfe profitieren und gut zusammenarbeiten würden. Zu Beginn der Arbeit in der Kleingruppe werden außerdem von der Lerntherapeutin Übungen genutzt, die diagnostisch hilfreich sind.
Ein weiterer Aspekt der Kooperation betrifft die zeitlichen Absprachen: Die Fachlehrerin organisiert ihren Unterricht so, dass parallel zur Förderung in der Kleingruppe eine Doppelstunde Mathematik stattfindet. Nach ihrer Förderstunde in der Kleingruppe nehmen die Schülerinnen und Schüler so an einer weiteren Mathestunde in ihrer Klasse teil. Dadurch wird vermieden, dass die Kinder, die an der individuellen Förderung teilnehmen, gänzlich aus dem Regelunterricht herausgelöst werden. Auch bei der inhaltlichen Planung berücksichtigt die Lehrerin die Abwesenheit der Kinder.
Welche Inhalte standen im Fokus der lerntherapeutischen Förderung in der Kleingruppe?
Lernschwierigkeiten in Mathematik entstehen meist aufgrund von unzureichend aufgebauten mathematischen Grundlagen. Die Gründe für die Verzögerungen in der Entwicklung können vielfältig sein. In jeder Schulklasse muss damit gerechnet werden, dass einige Kinder nicht über die Voraussetzungen für ein altersgerechtes Mitlernen in der Klasse verfügen. In der lerntherapeutischen Kleingruppe kann gezielt an Basisfähigkeiten gearbeitet werden, bis die Kinder ihre Rückstände überwunden haben.
Ein Ziel für die individuelle Arbeit in der lerntherapeutischen Kleingruppe ist es, die Zahlvorstellungen der Kinder weiterzuentwickeln und zu erreichen, dass sie sich sicher in der Zahlenabfolge orientieren können. Dafür werden verschiedene Darstellungsmaterialien wie Dienes-Material und Zahlentafeln eingesetzt. Eine hilfreiche Übung ist es, verschiedene Darstellungen von Zahlen miteinander zu verknüpfen. So wird zum Beispiel eine geschriebene Zahl aus einer Auswahl von Karten gezogen, vorgelesen und dann mit Material dargestellt, sodass die Anzahl sichtbar wird. Anschließend wird die Zahl in eine Zahlentafel oder am Zahlenstrahl eingeordnet und aufgeschrieben. In einer Kleingruppe lassen sich die verschiedenen Aktivitäten gut aufeinander abstimmen und reihum durchführen. Die Auswahl eines geeigneten Zahlenraums – bis 20, bis 100 oder schon weiter – wird vom Entwicklungsstand der Kinder bestimmt. Hier zeigt sich, dass häufig mit kleineren Zahlen begonnen werden muss, als sie die Kinder im Klassenunterricht verwenden.
Im Bereich Rechnen zeigte sich oft, dass die Kinder keine tragfähigen Strategien nutzen. Vor der Förderung „rechneten“ sie zählend. An ihren Vorkenntnissen anknüpfend, erarbeiten sich die Kinder der Fördergruppe an der Grundschule „Schwärzesee“ mithilfe des Dienes-Materials das Addieren und Subtrahieren: Sie stellen Anzahlen dar und verändern sie der Rechenoperation entsprechend geschickt. Das erfolgt teilweise so, dass jedes Kind für sich arbeitet, teilweise wird aber auch gemeinsam gearbeitet, da das Erklären, Beschreiben und Kommentieren der Handlungen mit einem Partnerkind besonders gut umgesetzt werden kann.
Welche Faktoren tragen zum Erfolg beim Lernen in der Kleingruppe bei?
Die Kleingruppe bietet den geschützten Rahmen und die Zeit, damit die Kinder ihrem Entwicklungsstand entsprechend aktiv werden können und sich als selbstwirksam erleben. Individuelle Lernstände und das individuelle Lerntempo müssen auch in einer Kleingruppe beachtet werden. Das gelingt,
Im Anschluss präsentieren und erklären sich die Kinder gegenseitig einen Auszug ihrer Ergebnisse oder ihres Vorgehens. Dadurch wiederholt jedes Kind erneut den Lerninhalt.
Ein Punkt der Förderung, der ebenfalls eine große Rolle spielt, ist ein kurzes gemeinsames Spiel. In der Kleingruppe lässt sich ein Spiel authentisch gestalten, die Kinder stärken ihre soziale Kompetenz und haben einfach mehr Spaß im Vergleich zu einer Spielsituation allein mit einer Lehrperson. Das Spiel wird so ausgewählt, dass es eine fachliche Funktion erfüllt – Würfelspielvarianten für die Stärkung arithmetischer Kompetenzen, Memory mit geometrischen Formen usw. – und von den Kindern mit Freude gespielt wird.
Ein wichtiger Faktor ist auch, das Umfeld der Kinder einzubeziehen und zu stärken. Die Klassenlehrerin informiert zum Auftakt der Kleingruppenförderung die Eltern darüber, dass ihr Kind diese Form der Unterstützung erhält. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit von Gesprächen zwischen Lerntherapeutin und Eltern. Bei einigen Kindern wurde durch individuelle Rückmeldungen an die Eltern erreicht, dass diese sich zu Lernschwierigkeiten und Möglichkeiten der Hilfe informierten. Sie überwanden Bedenken und Unsicherheiten und konnten angeregt werden, beim zuständigen Jugendamt weitere Unterstützung zu erfragen.
Das Beispiel dieses Projekts zeigt, wie sehr Kooperationen zwischen Lerntherapie und Schule das Miteinander bereichern und wie Kinder von der multiprofessionellen Zusammenarbeit profitieren können.
Autorinnen
Jana Köppen, Katja Moewes und Katja Trenkler berichten über das Projekt „Lerntherapie macht Schule“ an der Grundschule „Schwärzesee".