PuLs-Studie

Psychosoziale Belastungen und Lernschwierigkeiten

Der Zusammenhang zwischen Lese-Rechtschreib-Schwäche bzw. Rechenschwäche und somatoformen Störungen wurde bisher wenig und mit unklaren Ergebnissen untersucht. Der erste Teil der PuLs-Studie der Duden Institute für Lerntherapie befasst sich deshalb mit diesem Schwerpunkt.

Neben den somatoformen Störungen wurden im Rahmen der Studie zudem weitere Formen psychosozialer Belastung mitbetrachtet: Internalisierendes Problemverhalten, Probleme im Zusammenhang mit Aufmerksamkeitssteuerung, Hyperaktivität und Impulsivität, Mobbing, Probleme der sozialen Integration sowie Schulvermeidung.

Teil 2 beleuchtet den Aspekt Mobbing nochmals genauer.


Aus den Ergebnissen:

Teil I - Somatoforme Beschwerden

  • 69,7 % der untersuchten Probanden litten mindestens unter einer Form psychosozialer Belastung, 23,9 % unter zwei und 15,8 % sogar unter mindestens drei der o.g. Belastungsformen.
  • Ältere Kinder und Jugendliche sind insgesamt deutlich stärker belastet als jüngere Kinder.
  • Kinder mit einer Rechenschwäche sind signifikant häufiger von somatoformen Symptomen und Symptomen einer internalisierenden Störung betroffen sind als Kinder mit einer Lese-Rechtschreib-Schwäche (somatoforme Symptome: 27,1% vs. 13,2%; internalisierende Symptome: 45,9% vs. 21,7%).
  • Der Vergleich von Jungen und Mädchen zeigt, dass Mädchen signifikant häufiger internalisierendes Problemverhalten und Symptome einer somatoformen Störung zeigen, während bei Jungen häufiger von Symptomen einer ADHS berichtet wird.

Download der PuLs-Studie (Teil I: Körperliche Beschwerden)

PuLs-Studie I [714.37 KB, pdf]

Offizielle Pressemitteilung zur PuLs-Studie, Teil I (25.01.2016)

PM: PuLs-Studie I [227.6 KB, pdf]

Teil II - Mobbing

  • Mobbing waren 26,4 % der Schülerinnen und Schüler mit einer Lese-Rechtschreib-Schwäche oder Rechenschwäche ausgesetzt. In der Analyse von Einzelfällen zeigte sich, dass die besonderen Lernschwierigkeiten der betroffenen Kinder oft zum Anlass für Ausgrenzung, Beleidigungen oder sarkastische Bemerkungen genommen wurden.
  • Besonders Kinder in den Klassen 6–12 sind mit 43,5 Prozent deutlich häufiger betroffen als Kinder der Klassen 1–5 (21,3 Prozent).
  • Mobbing äußert sich überwiegend in psychischer Gewalt (98,1 Prozent), in nur 7,6 Prozent der betrachteten Fälle wurde von physischer Gewalt berichtet.
  • 83 Prozent der von Mobbing betroffenen Kinder weitere Symptome wie internalisierendes Problemverhalten (d. h. Ängste, Depressionen, sozialer Rückzug), ADHS, somatoforme Störungen oder Schulvermeidung.
  • In 62,3 Prozent der Fälle werden Kinder, d. h. Mitschüler, als Täter benannt, in 45,3 Prozent auch Erwachsene (Lehrer, Erzieher und Schulpersonal).

Download der PuLs-Studie (Teil II: Mobbing)

PuLs-Studie II [735.7 KB, pdf]

Offizielle Pressemitteilung zur PuLs-Studie, Teil II (30.06.2016)

PM [258.48 KB, pdf]

Zur PuLs-Studie:

Untersucht wurden Unterlagen zu 201 Diagnosegesprächen, die im Zeitraum von 2011 bis 2014 an einem Standort der Duden Institute für Lerntherapie durchgeführt wurden. Die Kinder und Jugendlichen, die in den 201 Diagnosegesprächen im Mittelpunkt standen, besuchten die Schule im 1. bis 12. Schuljahr (Md: 4. Schuljahr) und lebten fast ausnahmslos in einem großstädtischen Umfeld. Das Verhältnis von Mädchen zu Jungen war annähernd ausgeglichen (101 : 100).

Anhand eines strukturierten Interviewleitfadens wird innerhalb der Diagnosegespräche in den Duden Instituten u. a. erfragt, ob aktuell oder in der Vergangenheit psychosoziale Auffälligkeiten oder Belastungen bestehen/bestanden bzw. ob und ggf. welche professionellen Hilfen bereits in Anspruch genommen wurden/werden. Diese Daten wurden mittels deskriptiver Statistik ausgewertet.

Aus den Daten wurden sieben unterschiedliche Formen psychosozialer Belastung kodiert: externalisierendes und internalisierendes Problemverhalten, somatoforme Störungen, Probleme im Zusammenhang mit Aufmerksamkeitssteuerung, Hyperaktivität und Impulsivität, Mobbing, Probleme der sozialen Integration sowie Schulvermeidung.

Somatoforme Störungen sind ohne erklärenden organischen Befund auftretende körperliche Beschwerden wie z.B. Kopf-, Bauchschmerzen, Übelkeit/Unwohlsein, Einnässen, Kreislaufprobleme/Ohnmachtsanfälle.

Mit dem Begriff 'internalisierendes Verhalten' werden Probleme wie Angst, sozialer Rückzug und Depression zusammen gefasst, unter dem Begriff 'externalisierendes Verhalten' u. a. Aggressivität oder Delinquenz.

  • Kinder mit einer Rechenschwäche sollten schulrechtlich Kindern mit einer Lese-Rechtschreib-Schwäche gleichgestellt werden, um durch Maßnahmen wie Nachteilsausgleich und Notenschutz genauso entlastet zu werden.
  • Eine gezielte lerntherapeutische Förderung sollte frühzeitig einsetzen. Die Tatsache, dass Kinder mit Lernschwierigkeiten psychosozial stark belastet sind, bestätigt die Notwendigkeit eines lerntherapeutischen Settings bei Rechenschwäche und Lese-Rechtschreib-Schwäche.
  • Beim Auftreten einer somatoformen Störung sollte immer auch ein Zusammenhang zu Lernschwierigkeiten in Betracht gezogen und ggfs. entsprechende Hilfe gewährt werden.
  • Weitere Forschung ist notwendig. Wünschenswert ist eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen Praxiseinrichtungen, die auf wissenschaftlicher Basis arbeiten, und universitären Einrichtungen.

Kontakt zu den Autoren der Studie:

Dr. Lorenz Huck
Diplom-Psychologe und Geschäftsführer der Duden Institute für Lerntherapie
E-Mail: huck@duden-institute.de

Dr. Astrid Schröder
Diplom-Patholinguistin und Leiterin der Abteilung Forschung und Entwicklung und des Fachbereichs Deutsch
E-Mail: schroeder@duden-institute.de

Dr. Lorenz Huck zur Methodik der PuLs-Studie

Ergebnisse: Somatoforme Beschwerden

Ergebnisse zu Mobbing